Die letzten Tage am Hofe Waldburgs

…“So. Jetzt noch den warmen Mantel einpacken, damit es auf der Reise nicht zu kalt wird.“ Henrietta steht an ihrem Bett in dem mittlerweile leer geräumten Gemach, dass sie sich normalerweise mit ein paar anderen Zofen teilt. Doch die hatten ihre Sachen schon fertig verstaut in ihren Kisten. Auch Henri fehlten nur noch die Dinge, die ihr besonders am Herzen lagen.

Schmunzelnd verließen die jungen Damen das Gemach.

Als die Damen unten im Hof an kamen, war schon alles in heller Aufregung. Nun ging es bald los, in eine neue Heimat. Mal wieder dachte Gismine.

Sie freute sich schon auf die neuen Aufgaben am neuen Hofe, aber anderer seits fehlte ihr schon jetzt Waldburg.

Sie lies noch einen letzten Blick über ihr altes zu Hause schweifen und dann ging sie mit Henri auch weiter.

In unserem neuen Zuhause ankommen? Meine Damen, seid froh wenn wir das nicht noch mit unseren eigenen Händen bauen müssen.” Sie hatten gar nicht gemerkt, das Benedicta hinter ihnen her gekommen war. „Meine Damen, meint ihr wirklich jetzt sei die richtige Zeit hier zu flanieren? Gismine, komm besser hinein, sonst verdrehst du doch nur wieder einem der Männer den Kopf.“

Kopfschüttelnd, aber mit einem kleinen Lächeln, ging die Baronin wieder ins Haus. Die schuldbewussten Gesichter der beiden Mädchen -wenn sie sie mal wieder beim Müßiggang erwischte- amüsierte sie immer wieder.

Gismine schaute etwas verdutzt zu Henri, aber nach einer Weile hatten sich die beiden wieder gefangen. Also gingen sie wieder hinein um zu schauen ob auch drinnen alles nach Plan verlies. Gisi wollte noch einmal die Gemächer der Baronin und Ihre eigenen nach schauen ob auch wirklich alles schon verpackt war.

Man konnte ja nie wissen, schließlich ist eine Reise ohne wiederkehr.

Und wer wußte schon was das neue Land und ihr neues Zuhause so alles bereit hielt.

Die Baronin hatte Recht mit ihren Bedenken.

Gisi schaute aber zuversichtlich in die Zukunft, es konnte nur besser werden.

Als Sie fertig war mit den Gemächern ging sie wieder zu Henri, vielleicht brauchte sie ja noch Hilfe?

Auf einmal gab es drausen im Hof ein lauten Knall *RUMMSSSSS*

Ignatz, der den Damen beim schleppen der Koffer helfen sollte dachte er könne es sich einfach machen. Er wollte nicht die vielen Stufen der Turmtreppe hoch und runter rennen da einem ja schließlich dabei schwindlig wird. Immerhin reden wir von dem Gepäck der Damen. Da muss man sehr oft hoch und runter laufen.

Also konstruierte Ignatz eine Kombination aus Flaschenzug, Seil und Metallwanne (Wo sonst Wäsche drin gewaschen wurde) und bugsierte dort 3 schwere Koffer. Als er gerade beim abseilen der Gepäcke am Turmfenster beschäftigt war hörte er Gismine rufen. Daraufhin knotete er das Seil vom Flaschenzug am unterem Bein der Komode im Turmzimmer fest und folgte dem Rufen von Gismine. Was er jedoch nicht bedacht hatte war der Gewichtsunterschied der inzwischen leeren Komode und den der vollen Gepäcke.

Als er gerade auf dem Weg zu Gismine war trat das unvermeidliche ein. Ein Falke mit einer Maus im Schnabel landete direkt auf den Gepäcken, welche fast genau mittig zwischen Turmfenster und Boden baumelten.

Als er gerade auf dem Weg zu Gismine war trat das unvermeidliche ein. Ein Falke mit einer Maus im Schnabel landete direkt auf den Gepäcken, welche fast genau mittig zwischen Turmfenster und Boden baumelten.

Bis zum Turmfenster waren es gut 5 ausgewachsene Baumlängen hoch. Das zusätzliche Gewicht des Falken und der Maus im Schnabel übstiegen das der Komode und dessen Haftung am Boden wodurch die Komode den halt am Boden verlor und nun am Flaschenzug baumelte währen die Gepäcke sich den Weg nach unten bahnten.

Auf dem Weg nach unten öffnete sich einer der drei Gepäckstücke worauf hin sich dessen Inhalt im Hof verteilten.

Benedicta hatte den Knall gehört und rannte zum Fenster.

Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als sie tanzende Schneeflocken gleich, die UNTERWÄSCHE ihren Damen durch die Luft segeln sah.

Mehere Wachen vom Tor kamen auch schnell angerannt.

“Ist alles in Ordnung, euer Gnaden?”

Dann sahen sie das Schlamassel und waren froh, dass ihre Gesichter zum Großteil von ihren Helmen bedeckt waren, da sie sich das Lachen kaum verkneifen konnten.

Ignatz wurde Knallrot im Gesicht und nutze die Gelegenheit der Verwirrung um sich schnell vor den Zorn der Herrin in Sicherheit zu bringen und beschäftigte sich auch gleich mit neuen Plänen zur Verbesserung der Bodenhaftung von Turmzimmerkommoden.

Die “Herrin” stand immer noch im Fensterrahmen und krümmte sich vor Lachen.

In so angespannten Zeiten, wo Sorgen den Alltag bestimmten, war es herrlich wenn es etwas zu lachen gab.

Aus einem Zimmer der Burg hörte man kein Lachen. Magda und Sybilla, die beiden Schneiderinnen fanden das so ganz und gar nicht lustig.

Die beiden saßen seit Tagen an den, von Luca bestellten, neuen Waffenröcken und fluchten wie die Rohrspatzen.

Das letzte was sie jetzt noch gebrauchen konnten war ein junges Mägdelein das jammerte weil seine Unterwäsche zerrissen war. Hoffentlich würde bald mal einer dem Tumult da draußen ein Ende machen und aufräumen.

Henri und Gisi waren nun auch am Fenster angelangt, als sie den Schlamassel auf dem Hof sahen, schickten sie sofort Bedienstete nach unten um die Sachen wieder in die Kisten zu bringen. Immer die verrückten Ideen von Ignatz…

Durch das Tor ritt eine Frau herein, ließ ihr Pferd still stehen. Lässig im Sattel sitzend betrachtete sie unter ihrem Filzhut das durcheinander auf dem Hof, dann hob sie ihren Blick, lies ihn über die Fassade schweifen bis hin zu dem Fenster, in dem Benedicta stand und sich vor Lachen krümmte. Tara zog den Filz zur Begrüßung vom Kopf und winkte ihr damit, mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht.

“Mach daraus bloß keine lustiges Schenkenlied, Tara” rief Benedicta, anstelle einer Begrüßung, immer noch lachend, in den Hof hinunter.

“Nicht?”

Nun lachte sie auch, lies sich dann aus dem Sattel gleiten und reichte die Zügel dem nächst besten, der vorrüber eilte mit einem “Danke” und einem Zwinkern.

Dann stand sie etwas unschlüssig im Hof…….

Als die Kisten nun wieder zusammen gepackt waren, wurden sie auf die restlichen Wagen verteilt.
Gisi schaute sich noch einmal in ihren alten Gemächern um, als sie sich versichert hatte alles zu haben nahm sie ihren Mantel und ging nach unten auf den Hof.

Henri war schon eine Weile verschwunden. Sie würde sicher schon unten Warten.

Tara, kommst du hoch zu mir, oder wolltest du im Hof ein Abschiedsliedchen trällern?

“Wenn dir danach beliebt!?” Sie lacht und genießt es einfach am Hofe zu sein, und wie eine gute Freundin begrüßt zu werden, weit ab von den höfischen Regeln, die ihr oftmals zuwieder sind.

So nimmt sie dann die Treppe und lässt sich von einem Burschen, der eine schwere Kiste durch den Gang trägt, den Weg zu Benedictas Zimmer weisen.

Dort klopft sie an und wartet einen Augenblick.

Der Augenblick zog sich ein wenig hin, denn Benedicta hatte alle Hände voll zu tun und hatte tatsächlich für einen kurzen Moment vergessen, das Tara da war.

“Sei mir gerüßt Tara, schön dich noch einmal in diesen Mauern zu sehen. Wir haben Unmengen zu besprechen.

  • Wirst du mit uns zur Grenzfeste kommen zu Luca´s Ritterschlag? Immer wenn Wichtiges in seinem Leben passierte, warst du an seiner Seite und hast zur Feier des Tages die Saiten gezupft.
  • Wirst du uns in die Mark begleiten? Uns später, wenn die Zeiten wieder ruhiger sind, dort besuchen?
  • Hast du schon mit Nanus sprechen können? Er wird uns in die Mark begleiten, aber gleichfalls möchte er dich nicht als Lehrmeisterin verlieren, also müsst ihr eine Regelung finden.

Ach Tara, ich könnte noch Stunden so fort fahren, es gibt ja so viel zu tun und noch mehr zu bedenken.”

Müde, seufzend, aber auch glücklich lächelnd ließ Benedicta sich auf den nächsten Stuhl fallen.

Tara angelte sich einen Stuhl heran und setzte sich dazu.

“Deswegen bin ich hier. Wenn ihr Waldburg und damit AnkoraGahn verlasst habe ich keinen Grund mehr, länger in diesem Land zu bleiben… die Akademie hier kommt auch gut ohne mich aus… und ich könnte mir vorstellen, dass ihr eine fähige Heilerin, Magierin und Bardin an eurer Seite gut gebrauchen könntet.”

Tara grinst, dann wird sie allerdings wieder ernst.

“Ich habe gehört, dass Luca schon bald zum Ritter geschlagen werden soll. Leider kann ich nicht zugegen sein, was ich jetzt schon sehr bedaure, aber ich verspreche dir, sobald ich kann, werde ich euch folgen. Schon alleine wegen Nanus, denn wir sind ja erst am Anfang seiner Ausbildung und wenn er in den Kampf zieht möchte ich in der Nähe bleiben…. und in deiner.”

Luca ging über den Flur in Richtung des Gemachs seiner Mutter, er schob die Tür auf, die leicht angelehnt war.

“Mutter, habt ihr schon… Tara sei gegrüßt, wie geht es dir? Das freut mich dich noch einmal hier zu treffen.

Wir wollen gleich morgen abreisen, kommst du mit uns oder hast du noch hier was zu erledigen?”

“Luca!” Tara stand auf und umarmte den jungen Mann.

“Mir geht es soweit gut, nur habe ich im Moment einiges zu erledigen, weil auch ich hier in AnkoraGahn meine Zelte abbrechen werde.”

Sie lächelt.

“Ich werde nicht direkt mit euch mitkommen können, aber ich verspreche, ich werde euch folgen.”

“Das freut mich zu hören. Mutter, die meisten eurer Kisten stehen nun auch schon auf den Kutschen.
Ich werde jetzt aufbrechen und die Garde inspizieren.

Einige gehen heute schon langsam los, und wir werden ihnen morgen folgen, wie geplant.”
Dann drehte er sich rum und verließ den Raum.

Tara und Benedicta blieben noch eine Weile sitzen und besprachen dies und das.

Doch dann kam der Zeitpunkt da man Abschied nehmen musste.
Nicht nur von Tara, sondern auch von vielen Menschen in Waldburg und Ankoragahn, die im Imperium bleiben würden und die man nicht so bald (wie Tara) wieder sehen würde.

Die letzte Nacht in der Burg schlief Benedicta sehr unruhig.

Sie freute sich auf die Heimat, aber war da überhaupt noch etwas das sich Heimat nennen könnte. Sie war nicht mehr die Jüngste und hatte schon einen Krieg hinter sich. Den Eifer der Jugend, den Luca und seine Leute an den Tag legten konnte sie nicht mehr teilen, um so mehr spürte sie aber die Verantwortung die auf ihr lag; die Verantwortung diese Schlachten, die zweifelsohne vor Ihnen lagen, schlagen zu müssen.

Mit Anbruch des Tages, brach also auch die neue Zeit an. Nach einem kargen, knappen Morgenmahl begab sich der ganze Tross auf den Weg zur südlichen Feste Ankoragahns´ wo man mit Fulcrum zusammentreffen würde.

„Natürlich!“ dachte Benedicta „Natürlich muss es heute schneien. Fast war der Schnee schon weg geschmolzen, aber natürlich schneite es jetzt wieder. Heftiger als je zuvor in diesem Winter. NATÜRLICH“

Das waren unsere letzten Tage in Waldburg.

Weiter geht es in „Aeterna, ein Land entsteht“

Posted on August 6, 2024 in Geschichten,Intime by bravadmin

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