Unterwegs

An einem eisig kalten Morgen im Dezember, kurz vor der Wintersonnenwende. Der Wind peitscht Eiskristalle über die Steppe. Es ist zu kalt als das es schneien könnte.

Auf einem Hügelkamm ein Pferd, ein brauner Hengst, Leib, Hals und Kopf mit vernähten Schaffellen vor
dem schneidenden Wind geschützt. Das große Bündel hinter dem Sattel lässt auf einen Reisenden schließen der nur wenig Gelegenheit hat in Gemütlichkeit zu nächtigen oder zu wohnen.

In unmittelbarer Nähe des Pferdes eine am Boden kauernde Gestalt, offenbar auf der Suche nach Spuren
auf dem gefrorenen Boden. Nach einer Weile erhebt sich der Mann, sein Blick schweift gen Osten über die Steppe bis hin zu den Waldrändern.

Der aus Schaffellen grob zusammengenähte Mantel, Lederschnüre und Fetzen eines Umhangs flattern im
Scharfen Wind. Der Helm ist rotbraun vor Rost, die Handschuhe verwittert und die Stiefel haben auch
schon bessere Tage gesehen.

Der Mann flüstert dem Hengst etwas ins Ohr, sitzt auf und sodann reitet das Duo im leichten Trab gen Osten, der als blasse Scheibe aufgehenden Sonne entgegen, welche sich auch heute kaum wieder gegen die tiefliegenden Winterwolken durchsetzen- und dem Land somit einen erneuten Tag im Zwielicht bescheren wird.

An Abend des selben Tages.

Er hat Zuflucht in einem kleinen Eschenhain, welcher mit Gesträuch und Unterholz durchzaust ist, gefunden.

Inmitten des Hains auf einer kleinen Lichtung entspannt er sich, während er seinen Hengst nach Wunden und Parasiten absucht. Und dem Pferd sodann mit einer rauen Bürste Entspannung beim striegeln bereitet.

Nachdem der braune seine Ration Hafer bekommen hat setzt Roderich sich an sein kleines Feuer und versucht sich darüber klar zu werden was war, was ist, und was das Sein werden könnte.

Während er in einer angenehmen Wärme, welche dies kleine Feuer eigentlich nicht spenden könnte, meditiert, umheult der eisige Winternachtwind mit gierigen aber zu kraftlosen Klauen diesen Ort des Rückzuges.

Es ist ein Elbenhort.

Niemand kennt sie, keiner kann sie finden, es sei denn derjenige ist durch einen Waldelben eingeweiht.
Unscheinbare, wild verwachsene Baumgruppen in den Weiten der Steppe und den ehedem einstmals fruchtbaren Feldern. Für den Wanderer nichts besonderes und jeden Waldläufer kaum mehr als ein Windschutz beim lagern auf Wind ab gewandter Seite, bieten diese Kraftorte von Mutter Erde,
gesegnet und verzaubert durch die Waldelben einen Hort zum ungesehenen innehalten, verweilen und Erholen.

Wärme und Energie durchströmen seinen Körper. In der Sicherheit hier keinen Feind zu erfahren schläft er bald ein und findet einen tiefen Traumreichen Schlaf

Ein Kind, kaum älter als 8 Jahre spielt mit einem Kameraden auf einer Weide, abseits des Dorfes. Nichts deutet auf das kommende. Alles scheint gut in der Sommersonne.

Plötzlich laufen zwei Elben aus einem nahen Hain quer über die Wiese. Schnappen sich die zwei Jungen und rennen weiter zum Waldrand. Indes erhebt sich aus Nordwest ein Getrappel, ein Schreien und ein Gejohle. Gerade als die Elben mit den beiden Kindern im Unterholz des angrenzenden Waldes verschwinden taucht jenseits des Schafzauns eine Orkhorde auf.

Im naheliegenden Dorf läutet ein Mann die Sturmglocke.

Mit wütendem Geschrei machen die Orken jeden Wiederstand nieder und töten
jeden Dorfbewohner den sie erwischen können.

Verstört und tränenüberströmt krallt der Junge sich in die feuchte Erde. Er ahnt
es noch nicht aber eben Sie soll ihm in Zukunft Wegweiserin und Kraftquell sein.

Als die Elben sicher sind das die Orken weiter gezogen sind entspannen sie sich
und die Weibliche beginnt auf ihn einzureden. Ihre Worte erklingen wie Musik
und doch versteht er sie nicht.

Einen einzigen Satz sagt sie zu ihm in der Menschensprache: „Du musst leben, denn Du bist ein Menschensohn der großen Mutter und ich werde Dich zu Mirandor bringen, er weiss was zu tun ist.“

Jahre später…..

Ausbildung auf dem Kampfplatz der väterlichen Burg:
„Oben, unten, rechts, links, jaa! Weiter! Schlag zu los! Oben, unten, AAAAH! Verdammt! Was tust Du? Wie oft habe ich Dir gezeigt wie Du diese Angriffe parieren sollst?“

Sorgenvoll schaut der väterliche Freund und Hauptmann ihn an. „Wenn Du so weiter machst wirst Du Deinem älteren Bruder niemals ebenbürtig werden.“ Roderich Du musst Dich im ritterlichen Waffengang mehr anstrengen!“

… zwei Tage später im alten Wald beobachtet ein alter Elb mit langem grauen Haar die Fortschritte seines Schützlings beim erlernen des Umgangs mit Pfeil und Bogen welcher ihm von einer Waldelbin gelehrt wird. Später bei einem Trunk frischen Quellwassers erklärt Mirandor ihm, auf seine
unvermittelt direkte Art:

„Roderich, wenn Du dich auf das wesentliche konzentrierst wirst Du Erfolg und fortkommen haben. Wenn Du aber weiterhin Ajlana hinterher schaust wird es schwer für Dich überhaupt etwas zu lernen ausser zu versuchen unerkannt jemanden anzustarren! Versuche zu lernen und höre auf Dein Herz!“

Aber ich höre mein Herz doch! Denkt er, sagt aber:
„Ja Mirandor Du hast Recht, ich werde versuchen mich mehr auf meine Aufgaben zu konzentrieren.“
„Ach Roderich, Du sollst nicht versuchen. Du sollst tun!“
„Ja Mirandor das werde ich.“
Antwortet er.

Wenige Sommer danach…

Roderich kehrt von einem mehrwöchigen Ausflug in den alten Wald zurück. Als der Wald den Weg in die märkischen Auen freigibt kann er dichte Rauchtürme im Westen am Horizont ausmachen.

Dort liegt doch die Feste zu Hagen denkt er, als er zu rennen anfängt um zu erfahren was jetzt bereits Vergangenheit ist und zu erkennen was seine Bestimmung wird.

Alles was Ihm in der Menschenwelt lieb und wichtig war ist zerstört. Die Stadt und die Feste brennen. Die meissten Dörfer sind verwüstet, seine Familie, der Adel, die meissten Soldaten sind tot. Bauern, Handwerker und Händler sind auf der Flucht.

Einige Tage streicht er umher auf der Suche nach… etwas von dem er selbst nicht weiss was es ist. Einige versprengte Soldaten und Zivilvolk auf das er trifft bittet er Zuflucht an der Grenzfeste zu AnkoRaGahn zu suchen. Die Männer und Frauen folgen seinen Worten, erkennen sie in ihm doch den Überlebenden der Königsfamilie. Einzig weiss er nicht ob es eine Lüge ist als er ihnen erklärt das er bald zu ihnen stossen wird.

„Mirandor, was ist geschehen?
Die Welt hat sich weiter gedreht.
Mirandor was soll ich tun?
Was sagt Dir Dein Herz Roderich?
Ich weiss es nicht… Ich weiss es nicht.

Du bist voller Trauer und bald wirst Du voller Hass sein. Nicht weil Du es willst aber weil Du nicht anders kannst. Dein Weg sieht vor die Menschen der Mark neu zu einen und in eine bessere Zukunft zu führen.
Aber ich bin kein Anführer, kein Herrscher! Ich weiss nicht wie man das anstellt!

Ja Roderich, Du bist kein Herrscher aber Du kannst führen. Geh nun hinaus und tu was Du kannst um den Menschen der Mark zu helfen.

Mirandor, was soll ich tun?

Höre auf Dein Herz mein Junge, höre auf Dein Herz!“

Auf dem Weg zurück zur Grenzfeste zu AnkoRaGahn läuft ihm in der Mark ein herrenloser brauner Hengst über den Weg.

Das Pferd scheut nicht und lässt ihn an sich heran, so sitzt er kurzerhand auf und reitet fortan durch die Mark zu Hagen. Eilig, um die Grenzfeste zu AnkoRaGahn bald zu erreichen.*

Eine Woche später erklärt ein ausgelaugter Mann in der, mit Blut und Schweiss von Marodeuren und
Orks, befreiten Feste zu Hagen dies:

„Hisst die Märkische Flagge auf der obersten Zinne! Und lasst fortann jederzeit eine Suppe auf dem Feuer.
Jeder der heim kehrt oder beim Wiederaufbau helfen mag ist willkommen, wird verpflegt und bekommt
Unterkunft. Nicht mehr und nicht weniger wollen wir geben um die Mark Hagen zu befreien und Wohlstand wiederehren zu lassen.“

Einige Männer sind damit beschäftigt mit Blut geschriebenes von der rusgeschwärzten Mauer über dem
Haupttor der Feste abzuwaschen.

>>… nd Schädel für den Schädelthron…<<

Ist noch zu lesen als Roderich eine Unterredung mit Dem frisch eingesetzten Wachhauptmann hält:
„Herr, wer auch immer das geschrieben hat, wir fanden keinen Hinweis auf Ihn. Nun, Hauptmann, mach Dir keine Sorgen um das was wir nicht zu finden vermögen, mach Dir Sorgen um die Orken und das Diebsgesindel das sich hier umtreibt!“

Das Land brennt. Die Dörfer sind verlassen und die Menschen noch immer auf der Flucht. Einige lagern in den Stadtruinen vor der befreiten Feste zu Hagen. Einige Handwerker sind emsig bei der Arbeit und es gibt auch bereits einen kleinen Markt, doch all dies taugt nicht um langfristig Frieden und Wohlstand
zurück zu bringen.

Im Sonnenuntergang steht Roderich auf der Zinne der Feste zu Hagen und schaut gen Norden. Im Abendlicht flattert über ihm eine schwarz weisse Fahne im Westwind. Am Horizont kann mann das Gebirge ausmachen das die Mark Hagen von AnkoRaGahn trennt.

AnkoRaGahn. Oft hatte sein Vater von diesem Land im Norden gesprochen. Reich und stark soll es sein. Mit einem unbeugbaren Zwerg als König und einer Armee die es mit allem und jeden aufnehmen kann.
AnkoRaGahn, liegt dort die Zukunft? Allein und ohne Hilfe vermag Roderich mit den wenigen die übrig blieben Nicht viel auszurichten. Roderich fasst an diesem Abend Einen Entschluss. So wird ihn sein Weg am nächsten morgen nach Norden führen um um Hilfe nachzusuchen in AnkoRaGahn bei Warahan Goyle Ra Gahn.

ungläubig schaut er auf das große, aber eingeschoßige Gebäude. Keine Schnörkel, kein Tand zieren das Flache Bauwerk. Und ihr seid sicher das dies der Palast von Warahan, König ist?

Ja Herr, tretet vorn zur Palastwache, sie werden Euch behilflich sein. Roderich drückt dem Bauern einen Taler in die Hand und schreitet Voran über den breiten Weg. Die dankenden Worte des Bauern hört
er schon kaum noch, Gedanken schwirren in seinem Kopf. Als er die letzen paar Schritt von der Wache entfernt ist verscheucht er Zweifel, Wehmut und Unsicherheit aus seinem Kopf. Er streckt seinen Ober-
körper um aufrecht und mit stolzer Brust einzutreffen.

Vor Ihm in ein Gespräch vertieft einige gut gerüstete und bewaffnete Männer und ein Zwerg, unscheinbar gekleidet und… klein. Aber breit.

Der Meinung das das Gerede der Wachleute unwichtiger ist als sein Anliegen und unbeholfen, übertrieben hart, herrscht er die Männer an: He Ihr, knurrt er, ist dies der Palast von Warahn GoyleRaGahn, König von AnkoRaGahn?

Die Soldaten schauen ihn verdutzt an. Der Zwerg wendet sich zu ihm und fragt: Wer will das wissen?
Ich! Aha! Nun, ich habe nicht viel Zeit aber wenn Du mir erklären magst wer Du
bist werde ich Dich vielleicht….

Laut und ungehobelt schreit er: ich bin Roderich von Hagen und ich wünsche sofort mit den König zu sprechen!

Aha er wünscht. Sagt der Zwerg süffisant und drückt den Wachen ein Auge zu so das Roderich es sehen muss. Was wünscht Du Dir denn noch so? Also, ausser sofort den König zu sprechen?

Roderich gerät in seine Verzweiflung und drängen dem König sein Anliegen schnellst möglich vorzutragen ausser sich: Drohend und laut sagt er: Kleiner Mann, ich habe keine Zeit für Deine
Spässe. Bring mich zum König, sofort!

Dabei umfasst seine rechte Hand unwillkürlich den Griff seines Schwertes.

Nun geschehen mehrere Dinge gleichzeitig von denen der junge, unerfahrene Roderich nur diejenigen mitbekommt welche unmittelbar vor ihm geschehen:

Die Wachen spritzen zu einem Halbkreis auseinander und ziehen ihre Waffen. Auf dem Dach des flachen Palastes nehmen einige Armbrustschützen Roderich mit schussbereiten Waffen ins Visier.
Desgleichen geschieht in seinem Rücken aus der Deckung einiger Hecken links und rechts des Zuweges zum Palast.

Der Zwerg hebt seine Streitaxt quer vor sich und beginnt ausdrucksvoll mit leiser Stimme zu sprechen:

Junger Mann, ich hoffe Du hast einen wichtigen Grund vor meinem Palast zu Deinem Schwert zu greifen!

Ihr seid König Warahan?

Ja!

Roderich fühlt sich ertappt, beschämt und im Fettfass sitzend. Eine reife Leistung, denkt er sich als er sagt:
Herr entschuldigt meine forschen Worte, ich komme aus der Mark und Habe dringliches mit Euch zu besprechen!

Aha, sagt der Zwerg und senkt seine Axt. Sogleich entspannen sich die Wachen und stecken die Schwerter weg. Die Armbrustschützen jedoch halten inne.

Nun junger Mann, ich will mir anhören was Du mir zu sagen hast, da schlimme Kunde aus der Mark im Süden zu mir gedrungen ist. Komm mit.

Der Zwerg schlägt Roderich freundschaftlich auf den Oberarm und bedeutet Ihm ihm zu folgen.
Indes nehmen die Armbrustschützen ihre Waffen herunter. Die auf dem Dach des Palastes kann Roderich nun ausmachen und ihm wird klar wie nah er durch sein unbedachtes Handeln seinem Ende gekommen war. Zukünftig würde er vorsichtiger sein.

Froh über die Einlandung des Königs zu einem Gespräch folgt er dem Zerg in die Katakomben des Plastes und stellt fest das dies Bauwerk keinesfalls eingeschossig ist und viel mehr zu bieten hat als ein Vorbei-
ziehender wahr zu nehmen vermag.

Posted on August 6, 2024 in Geschichten,Intime by bravadmin

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